Das Südumfahrung-Urteil ist rechtskräftig

 

Der Klufterner Landwirt scheitert mit seinem Berufungsantrag in Sachen geplanter Ortsumfahrung Markdorf: Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim bestätigt das Urteil des Verwaltungsgerichtes Sigmaringen, das im Januar die Klage des Landwirts gegen den Planfeststellungsbeschluss für die Südumfahrung Markdorf abgewiesen hatte.

 

Der gegen den Planfeststellungsbeschluss für die geplante Südumfahrung Markdorf klagende Klufterner Landwirt ist gescheitert: Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Mannheim hat seinen Antrag auf Zulassung zur Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtes (VG) Sigmaringen abgelehnt. Der Beschluss des VGH wurde am 15. September gefällt und wurde nun am Mittwoch öffentlich gemacht. Damit ist das Urteil des VG, das am 21. Januar dieses Jahres die Klage des Landwirts abgewiesen hatte, rechtskräftig, und ein Berufungsverfahren vor dem VGH wird nicht stattfinden. Das Gericht in Sigmaringen unter Vorsitz von VG-Präsident Franz-Christian Mattes hatte in seinem Urteil vom Januar dem Land, vor Gericht vertreten durch eine Abordnung des Regierungspräsidiums (RP) Tübingen, in allen Punkten Recht gegeben. Dagegen hatten der Kläger und sein Anwalt Tobias Lieber aus Freiburg wenige Wochen später beim VGH als der nächsten Instanz ihren Antrag auf Zulassung der Berufung eingereicht.

Der VGH gibt nun der Urteilsbegründung des Sigmaringer Gerichts in allen Punkten Recht. In der für die Klägerseite strittigen Frage nach der Klassifizierung der Südumfahrung als Kreisstraße (K 7743 neu) stellt sich das VGH auf seiten des Verwaltungsgerichts. Klägeranwalt Lieber hatte argumentiert die K 7743 neu sei eine verkappte Bundesstraße, da sie eine "Netzfunktion" für die bestehenden B 31 und B 33 erfülle.

Der VGH befindet nun: Das Verwaltungsgericht sei "trotz der in mehrfacher Hinsicht für den Kläger günstigen Betrachtungsweise der Verkehrsströme rechtsfehlerfrei zu der Überzeugung gelangt, dass der auf der geplanten Straße zu erwartende Verkehr vorwiegend dem überörtlichen Verkehr („Kreisstraßenverkehr“) zuzuordnen sei". Westlich der Verkehrszählstelle, so der VGH, betrage der Anteil dieses überörtlichen Kreisstraßenverkehrs 59,7 Prozent und überwiege so den örtlichen und den weiträumigen Verkehr. Im Bereich östlich der Zählstelle würden selbst bei Zugrundelegen der Berechnungen der Klägerseite von allen Verkehrsvorgängen 38,6 Prozent auf originären Kreisstraßenverkehr entfallen, hingegen nur 23,4 Prozent auf den örtlichen und 38 Prozent auf den weiträumigen Verkehr.

Auch die vom Kläger beanstandete geplante Verlegung des Segelfliegergeländes, die das RP als "notwendige Folgemaßnahmen" begründet hatte, rechtfertige nicht die Zulassung zu einer Berufung, so der VGH. Der Kläger werde dabei auch nicht in seinen eigenen Rechten verletzt, da das RP auf die "Inanspruchnahme des klägerischen Grundstücks verzichtet habe". Das RP hatte ursprünglich geplant, eine Ecke eines landwirtschaftlichen Grundstücks des Landwirts, das an die Flieger anschließt, in Anspruch zu nehmen.

Mit dem Beschluss des VGH, das Urteil des Verwaltungsgerichts vom Januar als rechtskräftig einzusetzen, ist der Planfeststellungsbeschluss für die Südumfahrung vom November 2013 bestätigt. Das hieße, dass damit nun die letzte Hürde für die Rechtskräftigkeit der Planfeststellung genommen wäre und das Straßenbauvorhaben die rechtliche Baureife hätte. Damit ist für die Klägerseite der ordentliche Rechtsweg ausgeschöpft. Doch auch wenn nun das Sigmaringer Urteil rechtskräftig ist und ein Berufungsverfahren nicht stattfinden wird, gibt es noch den Weg der Verfassungsbeschwerde vor einem Verfassungsgericht. Ob er diesen Weg beschreiten werde, werde er in den nächsten Tagen mit seinem Mandanten erörtern, so Lieber auf Nachfrage des SÜDKURIER (siehe Erklärtext unten).

 

Die wörtliche Begründung des VGH sowie die bisherige Berichterstattung über die Südumfahrung lesen Sie in einem Dossier unter: www.sk.de/exklusiv

 

 

 

Der Südumfahrung-Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs: Das sagen die Beteiligten

 

 

1.    Das sagt das Landratsamt: "Wir freuen uns sehr, dass das zähe rechtliche Ringen um dieses Straßenprojekt nun endlich beendet ist. Die Entscheidung des VGH kommt noch rechtzeitig, um das Projekt noch in diesem Jahr für eine VGFG-Förderung durch das Land anzumelden. Was folgt ist die technische und administrative Detailplanung bis hin zur Abstimmung mit der Bahn und schließlich die Ausschreibung und Vergabe der Bauleistungen. Wir gehen aktuell davon aus, dass das etwa drei Jahre in Anspruch nehmen wird, wenn alles gut läuft. Die Kreismittel, um im kommenden Jahr die nötigen planerischen Teilschritte zu gehen, werden wir in den kommenden Haushaltsplan aufnehmen", äußert sich Landrat Lothar Wölfle. Der Landkreis ist quasi Bauherr für die K 7743 neu.

 

2.    Das sagt der Klägeranwalt: Tobias Lieber sagt: "Ob wir Verfassungsbeschwerde einlegen werden, werden wir in den nächsten Tagen entscheiden." Darüber werde er sich mit seinem Mandanten nun ausführlich beraten. Die Klägerseite hätte eine Frist von zwei Wochen ab Zugang des Beschlusses für diesen Schritt. Der Beschluss des VGH sei zwar die letztinstanzliche Entscheidung gewesen, doch als von vornherein aussichtslos sehe er ein Anrufen des Verfassungsgerichts nicht an, so Lieber: "Es gibt immer wieder Verfassungsgerichte, die solche Ablehnungen von Anträgen auf Zulassung der Berufung wieder aufheben. Und diese Situation, so meinen wir, könnte in unserem Fall durchaus auch vorliegen." Lieber argumentiert, dass in der Sache nach wie vor so viele schwerwiegende Fragen vorliegen würden, dass dies eine Berufung rechtfertigen würde. Der Anwalt bezieht sich dabei vor allem – wie bereits in seinem Zulassungsantrag – auf die in seinen Augen falsche Straßenklassifizierung. "Für uns ist weiterhin nicht einsichtig, dass die Südumfahrung eine Kreisstraße sein soll", sagt Lieber. Als K 7743 neu würde sie definitiv auch den gesamten weiträumigen Transitverkehr, der derzeit durch die B-33-Ortsdurchfahrt Markdorf rollt, aufnehmen. Die Gaußstraße wäre dann eine Verkehrsachse mit Netzfunktion für die Bundesstraßen. Dass dies so eingedacht sei, lasse sich jetzt schon am 70er-Tempolimit für die Gaußstraße ablesen. Zuletzt führe der VGH in seiner weiteren Begründung Punkte auf, die bislang noch nicht thematisierte Gesichtspunkte beinhalten würden.

 

3.    Das sagt Pro Kluftern: "Wir sind überrascht von dieser Entscheidung", meinte Walter Zacke auf Anfrage des SÜDKURIER am Mittwoch zu der Entscheidung des VGH. Der Richter damals im Verfahren vor dem VG Sigmaringen habe mehrfach betont, dass die Verliererseite in Revision gehen könne. Deshalb ging man trotz des klageabweisenden Urteils davon aus, dass die Klassifizierung der Südumfahrung als Kreisstraße angreifbar sein könnte. "Wir sind davon ausgegangen, dass dies auch anders gesehen werden kann", sagt Zacke über das Urteil vom Januar. Am Mittwochabend wollte der Vorstand von Pro Kluftern e.V. über das weitere Vorgehen beraten und mit dem Landwirt sprechen. Die Klägerunterstützungsgemeinschaft, die Pro Kluftern ins Leben gerufen hatte, hatte das Verfahren durch das Sammeln von Geldspenden finanziell unterstützt. Der Beschluss des VGH sei zwar unanfechtbar, aber man werde mit dem Kläger-Rechtsanwalt Tobias Lieber ausloten und erörtern, ob eine Verfassungsbeschwerde beim Verfassungsgerichtshof (VerfGH) für das Land Baden-Württemberg in Stuttgart oder beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) möglich wäre. Das Verfahren des Landwirts ist übrigens das einzige noch laufende Verfahren gegen die Südumfahrung Markdorf gewesen. Der Landwirt hatte im März 2014 seine Klage eingereicht.

 

Helmar Grupp und Georg Wex